21. Juni 2016

F.-Diagnosen

Das hört sich jetzt wahrscheinlich scheiße an, aber manchmal wünsche ich mir, dass ich nur eine Erkrankung hätte, und die dann meinetwegen richtig. Also z. B. NUR Borderline, oder NUR Bulimie etc. Aber dieser ganze Mix aus verschiedenen Diagnosen ist einfach nur Strafe... wahrscheinlich bemitleide ich mich gerade selber, und vielleicht werden viele auch "First world problems" denken. Ich denke, man kann Außenstehenden gar nicht wirklich erklären, wie sich sowas anfühlt. 

Aber ich versuche es mal; viele hier haben eine Essstörung und wissen, wie beschissen das ist. Dieses dauernde und zehrende Ausgehungertsein, und das nicht nur nach Nahrung. Dieses permanente Gedankenkreisen um Büffets ganz für einen alleine, oder die Euphorie, die sich einstellt, wenn man es schafft mehrere Tage zu fasten - bis dann schnell alles zusammenbricht und man sich in einem Teufelskreis aus Depressionen, Selbsthass, und Verzweiflung wiederfindet.

Und wenn man sich vorstellt, dass dazu noch die krasse Gefühlswelt eines Borderliners mit heftigen Stimmungsschwankungen, eigentlich immerwährende Parasuizidalität, gelegentlichen Dissoziationen, Aggressionen gegen alles und jeden beim geringsten Anlass, und eine Grundanspannung von über 60 hinzukommt, klingt das noch ne Spur bitterer.

Und wenn DANN noch die Konzentrationsschwierigkeiten, Hibbeligkeit, und ständiges Abgelenktsein und den Menschen nicht richtig zuhören zu können eines ADHS dazukommt, sowie die Nervosität, Anspannung, und Angst vor Menschen und sozialen Situationen bei einer Sozialen Phobie, und die Angst vor den eigenen  Gedanken und Handlungen bei einer Zwangsstörung... ja, ich glaube dann würde keiner wirklich mehr weiterwissen.

Ich muss zugeben, dass ich mit der Zeit immer verzweifelter und wütender geworden bin, weil ich ja anscheinend so krank bin und überhaupt keine Ahnung habe, woher das alles kommt.
Aber man muss sich zwangsläufig adaptieren und lernen damit umzugehen. Man muss aufhören in Selbstmitleid zu baden, und man muss auch das Rumheulen einstellen; man muss anfangen zu akzeptieren und an sich zu arbeiten. Es klingt vielleicht unfair, man fühlt sich verarscht, und fragt sich, was zum Teufel man in seinem früheren Leben verbockt hat - sofern man denn an so etwas glaubt. Aber raus kommt man nur, wenn man wirklich gewillt ist und sich diesen Wert auch zugesteht.

Ich denke, man sollte auch nicht nur auf das Negative fixiert sein, sondern sich mehr auf das Positive konzentrieren.
Sei stolz darauf, die Drecksdrogen hinter dir gelassen zu haben; sei stolz auf die vielen Monate, in der du nach Jahren endlich wieder verhältnismäßig normal essen konntest; sei stolz darauf, dass du weißt, was in Hochanspannungsmomenten tun musst - und es auch anwenden kannst. Sei stolz auf das, was du in all den Jahren Therapie schon alles geschafft hast, du abgefuckte geile Sau! ;)

Und außerdem... man sollte sich auch nicht nur über die Diagnosen definieren bzw. nicht zulassen, dass andere das tun. Man ist mehr als das Mädel mit Borderline und Narben am Körper, man ist mehr als die dünne Essgestörte, "die das ganze doch nur macht, um in den neuen Bikini zu passen", man ist mehr als das chronisch traurige Mädchen mit den dunklen Gedanken.



Nein, DU BIST FUCKING MEHR ALS DAS!
Und es wird Zeit, dass du das auch siehst, denn auch DU hast das Recht auf ein schönes Leben, genau wie alle anderen.
Schluss mit dem Nebel und rein ins Licht!

3 Kommentare:

  1. Danke für deinen Kommentar! :) Für solche Warnungen bin ich eigentlich immer dankbar, auch, wenn sie eher Vorwürfe sind, wie die von einigen anonymen Verfassern.
    Du hast Recht, ich finde ihn toll und würde gerne mehr Zeit mit ihm verbringen. ABER ich finde zum Glück auch Seiten an ihm, die mich stören. Und ich würde niemals für ihn und für sie wollen, dass er wegen mir die Frau seines Lebens betrügt. Denn selbst, wenn wir zusammenkämen, es würde sicherlich nicht lange halten. Außerdem könnte ich ihn nicht glücklich machen. Dafür hätte er dann so viel aufgegeben. Habe ihm das heute genau so geschrieben, und er versichert mir, dass die beiden "offen und respektvoll" miteinander umgehen und dass ich deshalb jetzt einen Haken an das Thema machen soll. Nun gut.

    Wegen deiner Diagnosen: Es ist die Frage, ob es Sinn macht, Außenstehenden, die einem mit Unverständnis begegnen, irgendetwas zu erklären versuchen. Vielleicht kennst du das, "gestört" und "gestört" ziehen ich an. Weil man ähnliche Gedankenwelten hat. Mittlerweile habe ich immer mehr Freunde, die selbst Probleme haben, denn bei ihnen kann ich sein, wie ich bin. Ohne als verrückt oder langweilig abgestempelt zu werden. Freundschaften mit "normalen" Menschen gehen glaube ich automatisch mehr oder weniger auseinander, wenn einer psychische Probleme bekommt. Weil einen das irgendwie zu jemand ganz Anderem macht. Mittlerweile hab ich auch aufgegeben, mich an alte Freundschaften zu klammern, die ich so wie so nur mit Anstrengung aufrechterhalten kann.
    Du hast definitiv das Recht zu sagen, dass es dir schlecht geht, auch, wenn jemand anderes es nicht anerkennt, weil er's nicht versteht. Das ist sein Problem, nicht deins. :)
    Bei den letzten drei Absätzen stimme ich dir total zu. Bin sicher, dass einen psychische Krankheiten auch im positiven prägen und reifen lassen und dass man in jedem Fall stolz sein kann.
    Liebe Grüße <3

    AntwortenLöschen
  2. "Schluss mit dem Nebel & rein ins Licht." Das hast wirklich schön geschrieben. Obwohl ich Nebel bis zu einem gewissen Maß ja liebe, die Botschaft dahinter trifft es auf den Punkt.
    Ich glaube, sobald man sich über seine Diagnosen definiert beziehungsweise sich durch diese definieren lässt, hat man schon verloren. Man ist mehr als das, da hast du absolut recht!
    Irgendwo gibt es ein Licht & das muss man manchmal eben erst finden. Auch wenn es schwer ist, vielleicht lernt man gerade dadurch, dass das Leben auch schön sein kann. Und eventuell kann man es dann sogar viel mehr genießen, wenn man es einmal geschafft hat, das Glück zu finden.

    Natürlich fühlt es sich wahrscheinlich gut an, wenn man endlich wieder Licht am Ende des Tunnels sieht. Aber es ist ja nicht durchgehend dunkel. An vielen Stellen hat mein Tunnel ja auch Fenster. Wundervolle Fenster, an denen manchmal sogar Blumenranken den kalten Stein verzieren & die Sonne anlächeln, die auf sie herunter scheint.
    Vielleicht will ich irgendwann die ES bekämpfen, aber momentan kann ich sie einfach nicht loslassen, auch wenn ich mir manchmal natürlich die Frage stelle, was so "wichtig" an ihr ist. Sie gibt mir irgendwie Halt & Schutz & vielleicht muss ich erst etwas anderes finden, das es ersetzt. (Eventuelle was gesünderes & "normaleres" ^-^).
    Du kennst bestimmt diese ganzen Vielleichts. (:

    Pass auf dich auf. ♥
    XO, Kate♥

    AntwortenLöschen
  3. vielen lieben dank für deine worte.

    ja, die freie zeit werde ich erstmal genießen. geht auch gleich nach meinem letzten arbeitstag auf nach kroatien mit dem studenten und seinen ganzen chaoten. außerdem habe ich noch eine sommer to-do-liste gemacht. die will ich unbedingt abgearbeitet bekommen. schade nur, dass dann so wenige von meinen leuten frei haben werden.

    der student und ich sind jetzt sogar schon fast zwei jahre zusammen. zumindest offiziell. also ja, ist wirklich schon ziemlich lange her. :o

    du hast wahrscheinlich recht mit dem was du sagst. und ich nehme es dir auch überhaupt nicht böse.
    ich nehme auch abstand von dem blonden mädchen. auch einfach weil ich keine lust mehr habe über die hälfte der zeit voll geheult werden will weil der oder der wieder dieses und jenes getan hat. tausend mal das selbe vorgeschlagen und trotzdem macht sie es anders. nunja. man wird ja sehen.
    muss ja sowieso bald neue menschen kennen lernen..

    ich hoffe für dich, dass du noch ne ganze weile an deinem letzten satz festhalten wirst und gegen den nebel 'kämpfst' anstatt dich wieder von ihm verschlucken zu lassen. und selbst wenn nicht: nebel ist nie dauerhaft und auch bloß wasser in einem anderen aggregatzustand. ;)

    AntwortenLöschen